Ateliergeschichten: woanders und hier

 Italien, Albarella, mare nostrum

Als wir letztens aus einem Hotel ausgecheckt haben, wurden wir gefragt, ob es uns gefallen hätte und ob wir wiederkommen würden.

Ja, es hatte uns sehr gut gefallen, aber wiederkommen ?

Warum ?

Es gibt so viele schöne andere Orte zu sehen, und der größere Teil meines Lebens liegt hinter mir, warum sollte ich dann wiederkommen ?

Den Zauber des ersten Males kann man nicht wiederholen und die Sentimentalität eines Wiedersehens brauche ich nicht.

Gerade beim Reisen sind manchmal die Vorfreude und die Erinnerung am schönsten.

Aber diese philosophische Lebensbetrachtung wollte ich nicht an der Hotelreception mitteilen, und so haben wir brav gesagt, wir kommen gerne wieder.

Als wir noch Familienurlaub gemacht haben, hatten wir allerdings über Jahre einen Lieblingsort, wo wir bestimmt zwölf mal waren. Eine italienische Ferienanlage etwas nördlich des Po - Deltas an der Adria. Eine ganz eigentümlich verschlafene Lagunenlandschaft, die für einen Urlaub mit kleinen, und dann auch etwas älteren Kindern, ideal erschien.

Wunderbare Städte, wie Chioggia, Padua und Venedig sind in der Nähe und wurden jedes mal besucht.

Mein Mann und meine Töchter schwärmen noch regelmäßig davon und überlegen, mal wieder gemeinsam hin zu fahren.

Ich bin da aber, völlig unsentimental, dagegen. Ich finde, man soll Erlebnisse nicht so lange wiederholen, bis sie schal werden. Immer wieder die gleichen Eindrücke erzeugen keine besonderen Erinnerungen mehr.

 

Etwas neues auszuprobieren ist immer ein kleines Risiko - könnte ja auch mal nicht so toll sein, und ist mir natürlich auch schon passiert. Da war das Hotelzimmer spießig, die Ferienwohnung vollgerümpelt, die Nachbarfamilien am Strand totale Nervensägen. Gerade ich kann mich über so etwas leider unangemessen aufregen (was dann den Rest der Familie nervt).

Dann muss man unbedingt für Ausgleichserinnerungen sorgen - schick essen gehen, ein schönes Museum besuchen oder einen anderen neuen, tollen Ort. 

Der Mensch ist ja zum Glück so gepolt, dass er eher die schönen Sachen in Erinnerung behält.

Und über das andere kann man später lachen.

 

Vielleicht ist das auch ein ganz gutes Konzept für den Alltag. Wenn´s mal nicht so läuft - für Ausgleich sorgen.

Ich bin eine große Befürworterin der Ablenkung.

Die Arbeit nervt - Arbeit ist nicht alles - gehen wir mal wieder am Wochenende wandern. Natur beruhigt ungemein.

Das Leben ist zerbrechlich. Verwandte und Bekannte bekommen ernsthafte Krankheiten, Nachbarn sterben.

Ich leg ein Beet an und hau einen Haufen Geld raus für Hortensien und Lavendel.

Freu mich ihnen beim Wachsen zuzuschauen.

Hier und jetzt.

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